Eine wegweisende Happy-End-Story

Besondere Lebenssituation sind oft auch Happy-End-Storys

Rauswurf nach drei Wochen

Ich war 21 Jahre alt und stand in glühender Mittagshitze an einem verlassenen Straßenrand in Connecticut (USA) mit meinen gesamten Habseligkeiten neben mir. Meine Gastmutter hatte mich gerade eben nach einem hitzigen Streit vor die Tür gesetzt. Es war so, dass ich ihr seit dem Beginn meiner Tätigkeit als Au-Pair Mädchen nichts, aber auch gar nichts recht machen konnte. Dabei hatte ich nichts anderes zu tun, als mich um ihren achtjährigen Sohn zu kümmern. Egal was ich sagte oder tat: Ich fühlte mich permanent kontrolliert und kritisiert. Als ich mich heute Vormittag gegen diese ständige Überwachung auflehnte kam es zum Höhepunkt: Ich sagte, dass ich erwachsen sei und diese Behandlung nicht länger ertragen könne. Daraufhin bezeichnete sie mich als undankbar und frech, und forderte mich auf, sofort ihr Haus zu verlassen.

Ich war geschockt, fühlte mich gedemütigt und verzweifelt zugleich. Langsam ging ich mit meinem Gepäck die Straße entlang. Ich konnte keine klaren Gedanken fassen. Eigentlich wollte ich ein Jahr in Amerika bleiben und jetzt war ich gerade drei Wochen hier. Eine Freundin, die ich erst vor Kurzem kennengelernt hatte, kam mir mit dem Auto entgegen um mich abzuholen. Sie war auch Au-Pair Mädchen, allerdings bei einer supernetten Familie. Wir sprachen nicht viel. Mein Kopf fühlte sich vernebelt und leer an. Ich wusste nicht wie es weitergehen sollte.

Wie weiter?

Mettes Gasteltern nahmen mich mit offenen Armen auf und boten mir ihre Unterstützung an. Ich durfte mich in ein Zimmer zurückziehen, von dem aus ich Fluggesellschaften kontaktieren konnte, um meinen Rückflug nach Deutschland zu organisieren. Allmählich konnte ich wieder Durchatmen. Beim Abendessen sprachen wir darüber, welchen Flug ich nehmen könnte und dass Mette mich zum Flughafen bringen könne, weil sie sowieso nach New York wollte. Plötzlich rief Bettes Gastmutter: „Ich habe eine Idee!“, sie sprang auf, schnappte sich das Telefon und telefonierte im Nebenraum. Strahlend kam sie zurück. „Eva und Paul suchen ein Au-Pair. Das passt doch!“ Alle am Tisch nickten.

Die neue Familie

Es fühlte sich fast an, wie Liebe auf den ersten Blick! Mit Paul, Eva, Chris (12 Jahre) und Andy (8 Jahre) traf ich auf eine sympathische, fröhliche Familie, die mich herzlich willkommen hieß. Wir waren uns schnell einig, dass ich bis zum Jahresende hier bleiben würde. Ich hatte ein gemütliches Zimmer, ein eigenes Auto und war Teil einer tollen Familie. Eva und Paul leiteten ein Import-Unternehmen für europäisches Porzellan und Besteck in Manhattan. Sie waren Experten in der kulinarischen Szene und liebten gutes Essen und Wein. Ab und zu kochte ich Gourmetgerichte aus Pauls französischem Kochbuch.

Girl, you’ve got so much Potential

Eines Abends, als die Kinder schliefen, saßen Eva, Paul und ich bei einem Glas Wein zusammen. Da geschah etwas, was ich bis dahin noch nie erlebt hatte.
Die beiden sagten, dass sie mich sehr schätzen würden. Sie zählten Eigenschaften und Fähigkeiten von mir auf, die sie gut fanden. Mir kamen Tränen, als sie sagten:
“Girl, you’ve got so much Potential!”
Diesen Moment werde ich nie vergessen. Ich spürte, wie eine kribbelige Energie durch meinen Körper strömte. Ja! Ich begriff, dass es nicht darum geht, alles richtig zu machen, sondern das auszudrücken, was in mir steckt. Jetzt war mir klar, weshalb es mir hier so gut ging und was in meinem vorherige Au-Pair Job gefehlt hatte: Vertrauen!

Potenzial leben

Ich kann hier nur einen Bruchteil dessen erzählen, was dann ins Rollen kam: Nach einem Geschäftsessen, das ich für Eva und Paul ausgerichtet hatte, legte ich Visitenkarten aus, wodurch ich Cateringaufträge in Manhattan bekam. Ich liebte es, mit meinem Termin-kalender in der Tasche, Teil der pulsierenden Stadt zu sein. Im East Village arbeitete ich für ein Bildungszentrum und kam mit Coaching in Berührung. Bald absolvierte ich meine erste Coaching Ausbildung. So wurden aus den geplanten sechs Monaten Amerika fast drei Jahre.

Als ich wieder in Deutschland war und eigene Kinder hatte, stand eines Tages Chris an meiner Tür: „Hi Hanna, do you need an Au-Pair Girl?“ „Oh yes!“ sagte ich.